Uralt-iMac emuliert Steinzeit-Betriebssysteme
Vor einigen Jahren, es war mitten in der Corona-Pandemie zog ich einen alten iMac (8,1, Early 2008) aus dem Schrott . Das Gerät hatte zwar Kratzer, funktioniert jedoch noch klaglos. Nach seiner Rettung blieb das Gerät aber wieder einige Zeit stehen - dieses Mal neben meinen Schreibtisch.
Anfang des Jahres brauchte ich jedoch für einige Experimente mit PXE echte PC-Hardware. Da kam mir spontan die Idee, den iMac mit einem aktuellen Linux (Debian, Trixie) zu versorgen und ihn dafür einzusetzen. Also kopierte ich das Debian-Livesystem auf einen passenden USB-Stick, startete den Mac mit gedrückter Tasten-Kombination. Im Boot-Menü wählt man nun den USB-Stick als Boot-Medium und wartet bis sich auf dem Bildschirm etwas tut.

Tatsächlich bootet der iMac langsam aber sicher ins Debian-Livesystem. Dort kann man sich schnell einen Überblick verschaffen, welche Hardware bereits funktioniert.
WLAN ohne Firmware
In meinem Fall funktionierte die Grafikkarte unter Xorg, die Ethernet-Karte befand sich im LAN und selbst die eingebaute Webcam zeigt Bilder an. Der WLAN-Karte Broadcom B43 fehlten allerdings noch Firmware-Schnipsel, die man eigentlich per Debian-Paket (firmware-b43legacy-installer) nachladen können sollte. In meinem Fall klappte das nicht: Der Installer fand die referenzierte URL nicht mehr, von wo er sie auf das lokale System unter /lib/firmware/b43 downloaden soll.

Ein Update Ende Juli 2025 hat dieses Problem behoben, notfalls kann man die Firmware-Dateien aber auch per Hand unter /lib/firmware im Dateisytem plazieren.
Durchlüften
Ohne weitere Massnahmen bemerkt man schnell, dass der iMac recht heiß wird. Das zusätzliche Debian-Paket macfanctl hilft dabei, den iMac dauerhaft kühl zu halten.
apt install macfanctl
Das kleine Hintergrund-Programm lässt sich über die Datei /etc/macfanctl.conf konfigurieren. Dort kann man vorgeben, mit welcher Minimalgeschwindigkeit die Lüfter laufen sollen:
# Config file for macfanctl daemon
#
# Note: 0 < temp_X_floor < temp_X_ceiling
# 0 < fan_min < 6200
fan_min: 1200
temp_avg_floor: 50
temp_avg_ceiling: 55
temp_TC0P_floor: 50
temp_TC0P_ceiling: 55
temp_TG0P_floor: 50
temp_TG0P_ceiling: 55
# Add sensors to be excluded here, separated by space, i.e.
# exclude: 1 7
# will disable reading of sensors temp1_input and temp7_input.
exclude:
# log_level values:
# 0: Startup / Exit logging only
# 1: Basic temp / fan logging
# 2: Log all sensors
log_level: 0
Macfanctl lässt sich wie andere Unix-Daemons als Root-Nutzer über systemd starten und verwalten (systemctl start|stop|status|... macfanctl).
Lautstärke des Start-Sounds einstellen
Nach der Installation von Linux auf dem iMac ist der Apple-typische Start-Sound meist sehr laut. Die Lautstärke speichert der iMac als EFI-Variable, sodass diese Einstellunng bereits beim Starten des Rechners bereitsteht.
Mit den folgen den Befehlen stellt man die Lautstärke des Starttons auf etwa 5 Prozent:
chattr -i /sys/firmware/efi/efivars/SystemAudioVolume-7c436110-ab2a-4bbb-a880-fe41995c9f82
printf "\x07\x00\x00\x00\x10" > /sys/firmware/efi/efivars/SystemAudioVolume-7c436110-ab2a-4bbb-a880-fe41995c9f82
Den Wert "\x10" ist dabei eine Hexadezimalwert zwischen 00 und FF, der den Start-Ton leiser oder lauter macht.
Webcam
Die Webcam funktioniert ohne weiteres auf dem Gerät: Allerdings kann es sein, dass sich das Bild - etwas in Cheese - etwas verzögert aufbaut. Ist es aber einmal da, läuft die Kamera soweit ohne Probleme. Bei einer Eins-zu-Eins-Video-Konferenz via Jitsi mit Chromium gab es auf der iMac-Seite hin und wieder kurze Bildaussetzer. Auf der Gegenseite war soweit alles wie gewünscht.
Powersaving
Der Rechner zieht allerdings viel Strom: Während der Video-Konferenz zeigt das Messgerät um die 100 Watt an, oft sogar darüber. Bei anderen Arbeiten wie Textverarbeitung liegt der Verbrauch bei etwa 80 Watt. Um den Stromverbrauch etwas im Zaum zu halten, läuft auf dem Rechner TLP, mit dessen Hilfe man diverse Stromspar-Optionen (nicht nur) auf Laptops aktivieren kann. Dennoch zieht der alte iMac im Leerlauf mit abgeschalteten Monitor noch knapp 40 Watt.
Daher wäre es gut, wenn man den iMac sich auch in den (Tief-)Schlaf versetzen lassen könnte. Leider klappt das bei mir nicht gut, denn der Rechner wacht nicht korrekt auf: Der Bildschirm zeigt nach dem Aufwachen falsche Farben und auch Dinge wie das Netzwerk funktionieren nicht mehr. ~~Ich habe daher meine Versuche vorerst eingestellt.~~
Abhilfe brachte erst die nachträgliche Installation des Pakets
acpi-support, das offenbar alle nötigen Skripte für den
Bereitschaftsmodus und andere Schlafmodi des iMacs
nachrüstet. Allerdings zieht das Gerät im Bereitschaftsmodus immer
noch stolze 30 Watt. Der Tiefschlaf scheint bislang auch nicht sehr
stabil zu sein.
Web und Video
Nach der Basisinstallation habe ich zudem probiert, wie sich einige Browser auf dem alten Apple-Gerät schlagen. Firefox läuft gut, macht aber beim Abspielen von Videos keine gute Figur. Filme stocken recht stark, sodass man Filme schauen eigentlich vergessen kann.
Etwas besser schlagen sich Chrome-basierte Browsers: Die Videowiedergabe ist relativ flüssig und stockt eher selten. Damit sind dann selbst Video-Calls möglich. Aktuell nutze ich besonders den Browser Falkon, der zum Standardumfang von Debian gehört. Auch er setzt auf die Chrome-Engine auf. Aber bei diesen merkt man wie alt und langsam die Hardware des iMacs ist: Abwendige Javascript-Seiten agieren alles anders als flüssig.
Retrocomputing
Wegen des Stromverbrauchs und der eingeschränkten Performance wird der iMac trotz aktuellen Linux sicher keine Maschine für den Alltag werden. Daher hab ich meine Emulatoren-Setups etwa für Atari ST und Dos auf das Gerät verschoben. Der Atari-Emulator Hatari macht sich sehr gut auf der alten Hardware, gleiches gilt für Dosbox und den MacOS-Classic-Emulator Basilisk2.

Desweiteren probiere ich noch mit Dosbox (und Abkömmlingen) herum, mit denen man alte Schachprogramme unter DOS weiterbetreiben kann. Auch lässt sich damit Windows (95!) unter Linux nutzen - ganz ohne Virtualisierung und Online-Account-Zwang.
Fazit
Optisch punktet der iMac sicherlich, aber das verdeckt seine angegraute Hardware leider nur oberflächlich. Auch der im Vergleich hohe Stromverbrauch spricht eher gegen einen Dauereinsatz - etwa als dauerlaufenden PXE-Server, der Netzwerk-PCs Betriebssysteme und Bootmedien serviert.
Aber als Rechner für gelegentliches Betreiben von Emulatoren, für einfache Spiele oder als Schreibmaschine für den Notfall lässt er sich sicherlich gebrauchen - vorausgesetzt man hat ein Platz auf dem Schreibtisch frei.